Nachhaltiges Reisen – was ist das überhaupt?

Prinzipien und Vorteile

Gute Frage – was bedeutet nachhaltig Reisen? Denn seien wir mal ehrlich, Reisen in der heutigen Zeit ist meist einfach nicht nachhaltig. Vor allem Fliegen nicht. Würden wir heute alle mit dem Fliegen aufhören, würden die weltweiten Kohlenstoffemissionen um ca. 12-15 % sinken. Am besten also, wir bleiben alle zu Hause und legen Strecken nur noch zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurück.

Allerdings wissen wir alle, dass das nicht passieren wird. Nicht solange die Tourismus Industrie eine Billionen-Dollar-Industrie ist und die Menschen Geld zum Verreisen haben. Der Schlüssel liegt also im nachhaltigen Reisen.

Denn auf der anderen Seite hat Reisen ja auch viele positive Effekte. Seit jeher sind Menschen in andere Länder ausgezogen, um zu lernen und ihren Horizont zu erweitern. Freundschaften und Liebesbeziehungen über Landesgrenzen hinweg tragen zur Bindung unterschiedlicher Kulturen bei und das Sammeln von schönen Erfahrungen anstatt materiellen Konsumgütern ist heutzutage sicherlich auch ein wichtiger Punkt.

Und genau darum geht es beim nachhaltigen Reisen: Um das Verstärken positiver und das Minimieren negativer Auswirkungen. Dazu gehören erst einmal das Bewusstmachen und Erkennen von Zusammenhängen und Auswirkungen. Im nächsten Schritt aber natürlich ein verantwortungsvolles Handeln, damit beim Reisen die positiven Aspekte überwiegen.

Grundsätzlich erstreckt sich nachhaltiges Reisen auf drei Felder: Umwelt, Kultur und Wirtschaft.

Umwelt

Die Idee des umweltverträglichen Reisens ist eigentlich ganz einfach. Orte, an die wir reisen, sollten wir genauso hinterlassen, wie wir sie vorgefunden haben, sprich keinen ökologischen Schaden verursachen. In der heutigen Zeit gehört hier auch noch die möglichst ökologische Anreise hinzu. Dann reicht das von „keinen Müll hinterlassen“, über „Tierwelt respektieren“ bis hin zu „umweltschädliche Aktivitäten“ vermeiden. Eher wäre es wünschenswert, positive Aspekte des Gastlandes zu übernehmen oder andersherum vor Ort zur Verbesserung der Situation beizutragen. Etwa indem man Menschen vor Ort auf Dinge wie Mülltrennung etc. aufmerksam macht.

 

Kultur

Die kulturelle Komponente des nachhaltigen Reisens bezieht sich auf den Einfluss, den der Tourismus auf die Gesellschaft vor Ort hat. So sind durch den sogenannten Kulturimperialismus einheimische Traditionen teilweise so gut wie verschwunden. Vor allem kleine Bevölkerungsgruppen können dem oft nicht standhalten. Ganz zu schweigen von negativen Auswirkungen wie Sextourismus und damit verbundenen Menschenhandel, die durch den Billig-Tourismus bestärkt wurden.

Auf der anderen Seite kann durch den kulturellen Austausch aber auch voneinander gelernt und beidseitig positive Verhaltensweisen übernommen werden. Oft können so dadurch sogar Missstände verbessert werden. Es kommt also immer darauf an, wozu man seine Reise nutzt und wie offen man dem Gastland gegenübertritt.

 

Wirtschaft

Für einige Regionen stellt der Tourismus eine wichtige Einkommensquelle dar und trägt zum Wohlstand des Landes bei. Viele Regionen leben mittlerweile fast ausschließlich vom Tourismus und hätten ein großes Problem, wenn dieser plötzlich wegfallen würde. Das funktioniert aber nur gut bei einer nachhaltigen Form des Reisens, bei dem vor allem die lokale Bevölkerung einen Teil des Kuchens abbekommen muss. Bei vielen Formen des Massentourismus profitieren meist nur ausländische Investoren, wohingegen die einheimische Bevölkerung eher ausgebeutet wird. Eine sehr schlechte Bilanz haben hier z.B. Kreuzfahrten, die den Leuten vor Ort nur wenig Nutzen, dafür aber umso mehr Umweltbelastung mit sich bringen. Die Wahl der Reiseform macht also einen riesigen Unterschied in Sachen Nachhaltigkeit aus.

Im Folgenden habe ich euch einige wichtige Punkte aufgelistet über die ihr euch bei eurer nächsten Reise Gedanken machen könnt:

  • Zunächst einmal, ist die Reise wirklich notwendig?

Muss ich für einen Geschäftstermin wirklich nach London fliegen oder reicht ein Video Call nicht doch aus? Kann ich vielleicht einen längeren Urlaub machen anstatt viele kurze und dadurch häufige Flüge einsparen. Noch einmal über die Reise nachzudenken und das Klima dabei im Auge zubehalten kann manchmal schon etwas bewirken.

 

  • Anreise

Entfernung

Muss ich wirklich für einen zweitägigen Städtetrip 1000km fliegen oder gibt es nicht auch ein schönes Ausflugsziel in der Nähe, das mit Bahn oder Auto zu erreichen ist? Vielleicht lassen sich an diesem Ort sogar noch ein paar Geheimtipps ausfindig machen. Und es muss ja nicht jedes Jahr ein Fernreiseziel sein. Die Kampagne der deutschen Bahn hat es super aufgezeigt, es gibt auch in Europe wunderschöne Ecken zu entdecken.

Verkehrsmittel

 Klar, fliegen geht meist schneller, aber nicht immer ist es wirklich besser. Das Umweltbundesamt hat den CO2-Ausstoß pro Person für die Strecke Berlin-Paris exemplarisch ausgerechnet. Am schlechtesten schneiden Fähren und Kreuzfahrtschiffe mit über 430 Kg ab. Mit dem Flugzeug sind das 387, mit dem Auto 151, per Bahn 55 und per Reisebus sogar nur 34 Kilogramm.

Abgesehen davon ist mit den letzteren Verkehrsmitteln bereits der Weg das Ziel. Mit Auto und Bahn bekommt man bereits bei der Anreise etwas von Land und Leuten mit und kann meist mehr Gepäck mitnehmen als im Flieger.

Wer sich doch aus verschiedenen Gründen für den Flieger entscheidet, kann im Netz auf verschiedenen Seiten nachschauen, wie viel CO2 der jeweilige Flug verursacht und berechnen lassen, welche Geldspende angemessen ist, um ihn auf anderer Stelle zu kompensieren. Dadurch unterstützt man Projekte, die sich für den Klimaschutz einsetzten. Natürlich kann das nur eine kleine Schadensbegrenzung sein, aber mit der richtigen Recherche für wirklich nachhaltige Projekte immerhin besser als nichts.

www.atmosfair.de

www.myclimate.org

grüner-fliegen.de

Klimafreundliche Anreisevarianten findest du auf ecopassenger.org oder europamitdemzug.ch 

 

  • Unterkunft

Auch bei der Unterkunft kann man bereits bei der Auswahl auf Nachhaltigkeit achten. Kleinere Hotels unterstützen dabei eher die lokale Bevölkerung und sind oft ökologischer als große Bettenburgen. Man sollte bei der Recherche aber besonders auf Labels zur Nachhaltigkeit achten. Siehe hierzu auch meine Artikel „Zertifikate Dschungel – die 6 besten Labels für nachhaltiges Reisen“ und „Alles Eco – 7 nachhaltige Reiseportale“. Hier findet ihr Unterkünfte, die sich zu den ökologischen Standards der Labels verpflichten.

Saubere Energie, biologisches Essen – das kann besonders in Europa durchaus teurer sein als normale Hotels. Aber Qualität hat eben seinen Preis. Neben Umwelt und lokaler Bevölkerung hat man aber selbst oft am meisten davon. Wer sich das trotzdem nicht leisten kann, kann auf Alternativen wie Volunteering oder Farmstay zurückgreifen.

Man selbst kann vor Ort natürlich auch etwas tun, indem man in der Unterkunft Wasser spart, die Handtücher nicht ständig wechselt oder sich am Buffet den Teller nicht randvoll macht, um danach die Hälfte stehen zu lassen.

 

  • Aktivitäten

Bevor du die nächste Golfreise in Marokko buchst denke vielleicht noch einmal darüber nach, ob es dafür nicht umweltverträglichere Ziele gibt. Golfplätze müssen ständig bewässert werden und sind gerade in wasserarmen Regionen ein echter Killer für die umlegende Natur. Warum nicht dafür ins ewiggrüne Schottland? Das ist natürlich nur ein Beispiel. Ebenso wäre es gut nicht dort Skifahren zu gehen, wo es nur dank Schneekanonen möglich ist. Oder auf unnötige Rundflüge oder Motor-Bootstouren zu verzichten und stattdessen die Gegend mit Kajak oder Fahrrad zu erkunden.

Klar, wenn man verreist möchte man die Umgebung kennenlernen. Das ist auch kein Problem, solange man niemanden damit schadet. Bei Tourenanbietern ist es daher eher ratsam nach kleineren, lokalen Anbietern Ausschau zu halten, die sowohl Natur als auch Tiere respektieren. Attraktionen wie Delfinarien oder kleine Tiergehege sind Tierquälerei und gehören nicht zu nachhaltigem Reisen. Auch wenn die Betreiber immer wieder versichern, dass es den Tieren dort gut geht – das tut es nicht! Mach dir also vorab kurz Gedanken, ob das was du vorhast zu den Prinzipien des nachhaltigen Reisens passt.

 

  • Verhalten

Müll vermeiden

Eigentlich versteht es sich von selbst, dass man Müll nicht in der Natur liegen lässt – auf Reisen wie zu Hause auch. Strände, Parks und Wälder sind keine Müllkippen und auch wenn an einem entlegenen See oder Berg einmal kein Abfalleimer vorhanden sein sollte – den Müll mitnehmen und bei nächster Gelegenheit entsorgen. Zusätzlich ist zu bedenken, dass in vielen Ländern das Thema Umweltschutz und Recycling leider kein Großes ist. Der Müll bleibt also unter Umständen Jahre dort, wo man ihn hat liegen lassen oder wird einfach ins Meer gekippt. Je besser man schon beim Einkauf darauf achtet, was man an Verpackung mitnimmt, desto weniger muss man am Ende auch entsorgen.

Offenheit

Sei es das authentische Restaurant neben an oder der Schmuck vom Straßenverkäufer – wer nicht nur im Hotelrestaurant speist und in den nächstgelegenen Shoppingcentern einkauft tut nicht nur etwas für die Ökonomie vor Ort, sondern tritt auch in Kontakt mit der lokalen Bevölkerung. Das sind die Momente, die das Reisen erst wirklich zum Reisen machen. Also raus aus der Komfort Zone und rein ins Abenteuer.

 

In meinem Artikel „Besonnen in den Badeurlaub“ habe ich euch noch konkretere Tipps zusammengestellt, um einfach nachhaltig unterwegs zu sein.

Ich glaube daran, dass jeder Einzelne durch sein Verhalten etwas bewirken kann. Und gemeinsam können wir auch andere zum Umdenken bewegen. Hin zu einem nachhaltigen Tourismus, der mehr Gutes bewirkt. Und neben Land und Leuten profitiert auch unser Gewissen davon.

Wie viel Karma Punkte sammelst du bei deiner nächsten Reise?